Der Burnout-Kompass
Diesen Artikel gibt es auch als Podcast auf meinem Kanal HeckenGespräche. Dort sind die einzelnen Stufen noch mit Beispielen bestückt.
Der Burnout-Kompass
Im Podcast „Der Burnout-Kompass: Verstehen, Erkennen und Hilfe finden“ widmen wir uns dem tiefgreifenden Thema des Burnouts. Unser Ziel ist es, ein tieferes Verständnis dafür zu vermitteln, wie Burnout entsteht und verläuft, um frühzeitig zu erkennen, wo die Grenzen überschritten werden und wann es Zeit ist, Stopp zu sagen oder Unterstützung zu suchen. Wir beleuchten die verschiedenen Stufen des Burnout-Prozesses, Warnsignale und Symptome, die auf ein drohendes Burnout hinweisen. Dabei erfährst du auch, welche Faktoren und Herausforderungen in unserem modernen Lebensstil zu Burnout führen können. Darüber hinaus gibt es am Schluss praktische Tipps, wie du einen Burnout vermeiden kannst.
Heute berichte ich von meinen Erfahrungen aus vielen Seminaren und Coachings. Ich möchte damit erreichen, dass du dich selbst reflektierst und schaust, dass du einen Burnout vermeidest.
Was ist Burnout überhaupt?
Erstmalig wurde 2022 in der ICD-11 nun auch der Begriff Burnout definiert. Als Kriterien werden Energielosigkeit und Erschöpfung, eine zunehmende geistige Distanz, negative Haltung oder Zynismus zum eigenen Job sowie ein verringertes berufliches Leistungsvermögen angeführt.
Ich würde das nicht so stehen lassen. Denn mein Erleben ist, dass Burnout multifaktiorell., also von vielen Faktoren beeinflusst wird. Nicht wenige haben neben beruflichem auch privaten Stress. Beispielsweise durch die Pflege eines Familienangehörigen, oder Job und Kinder unter einen Hut zu bekommen.
Dazu vorab eine Geschichte aus meiner Praxis. Ich hatte ein Burnoutpräventionsseminar bei einem Weiterbildungsanbieter. Dort erzählte dann eine Dame in der Vorstellungsrunde ganz vergnügt, dass sie bereits drei Burnouts hatte. Ups, dachte ich, gibt es jetzt hier einen Wettbewerb?
Ohne dieser Person zu nahe treten zu wollen, aber ich frage mich, ob dies wirklich jeweils ein Burnout war, oder einfach nur eine Überforderung. Denn selbst Ärzte nutzen sehr schnell den Begriff Burnout, obwohl es noch gar keiner ist. Diejenigen, die einen Burnout durchlaufen haben, sprechen normalerweise nicht in dieser Weise davon. Sie sind selbst im Nachhinein noch betroffen und wünschen es keinem andern.
Dauerhafter, langanhaltender Stress
Burnout kann durch dauerhaften, langanhaltenden Stress verursacht werden. Wenn eine Person es nicht mehr schafft, sich Zeit für sich selbst zu nehmen. Pausen zu machen, mit ihren Freizeitaktivitäten aufhört, keine Zeit mehr für Familie und Freunde oder Hobbies zu haben, dann ist die Gefahr eines Burnouts groß.
Tritt dann ein Burnout ein, zeigt sich dies im Zustand körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung. Es kann hier bis zum kompletten Zusammenbruch kommen.
Ein Beispiel aus meiner Praxis: Ich nenne ihn mal Thomas. Thomas ist verheiratet, hat 3 Kinder und arbeitet als EDV-Manager in einem mittelständischen Unternehmen. Seine Frau ist ebenfalls berufstätig. In seiner freien Zeit kümmert er sich wie seine Frau um Haushalt und Kinder. Früher ist er Marathon gelaufen und hat sich noch öfters mit seinen Freunden alle 14 Tage zum Sport getroffen. Das geht seit über einem Jahr nicht mehr.
Wie hat sich sein Burnout bemerkbar gemacht. Nun. Er ist morgens um halb sieben zur Arbeit gefahren und um elf Uhr im Krankenhaus aufgewacht. Seine Mitarbeiter fanden ihn zusammengebrochen im Büro. Er konnte sich an nichts mehr erinnern.
Ein anderer Fall. Ich nenne ihn Peter. Peter hatte einen spannenden und tollen Job im Motorsport. Da gab es keinen 8 Stundentag. Bei Rennen musste er auch am Wochenende dabei sein. Sein Burnout zeigte sich in Form einer Katatonie. Das heißt, er konnte sich nicht mehr bewegen. Lag wie gelähmt im Hotelbett und war nur noch in der Lage, sein Handy, dass er neben sich im Bett liegen hatte, für einen Anruf zur Kollegin zu benutzen. Auch er wurde ins Krankenhaus eingewiesen.
So weit sollte man es allerdings nicht kommen lassen. Deshalb möchte ich dir hier einen kurzen Überblick geben, woran du vielleicht erkennen kannst, dass du handeln solltest.
Faktoren, die zum Burnout führen können
Schauen wir uns einmal näher an, welche Faktoren zu einem Burnout führen können. Zu den häufigsten Ursachen gehören übermäßiger Arbeitsdruck, hohe Erwartungen an uns selbst, das Fehlen von Work-Life-Balance, chronischer Stress und ein Mangel an sozialer Unterstützung. Auch persönliche Eigenschaften wie Perfektionismus und ein ständiges Bedürfnis nach Anerkennung, Stärke zu zeigen oder es allen andern recht zu machen, können das Risiko für Burnout erhöhen.
Wie kannst du nun erkennen, ob du oder andere eventuell in Richtung Burnout unterwegs sind? Dazu stelle ich dir das Modell von Freudenberger vor. Freudenberger war ein deutsch-amerikanischer klinischer Psychoanalytiker und Psychologe. Er publizierte 1974 erstmals wissenschaftliche Artikel zum Burnout-Syndrom. In meinen Coachings und Seminaren nutze ich sein Modell des Burnout-Verlaufs.
12 Stufen-Modell nach Freudenberger
Das nachfolgende 12 Stufenmodel kann, muss aber nicht immer so ablaufen. Das Modell ist insofern hilfreich, dass man ein besseres Verständnis für den Verlauf eines Burnouts erhält.
Stufe 1: Begeisterung und hohe Motivation
- Überengagement in der Arbeit
- Euphorie und Enthusiasmus
- Hohe Arbeitsmoral
Stufe 2: Verstärkter Einsatz
- Erhöhtes Arbeitspensum
- Vernachlässigung von Freizeitaktivitäten
- Erhöhter Perfektionismus
Stufe 3: Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse
- Vernachlässigung der eigenen Gesundheit und des eigenen Wohlbefindens
- Schlafmangel
- Mangelnde Selbstpflege
Stufe 4: Leugnen von Problemen
- Vermeidung von Konfrontationen
- Unterdrückung von negativen Emotionen
- Zunehmende Reizbarkeit
Stufe 5: Desorientierung, Werteänderung
- Orientierungslosigkeit
- Entfremdung von eigenen Werten und Zielen
- Kontakte werden vermieden
Stufe 6: Verstärkte Verleugnung von Problemen
- Desillusioniert
- Pessimistische Denkweise
- Negative Einstellung zur Arbeit und zum Leben
Stufe 7: Rückzug
- Orientierungs- und Hoffnungslosigkeit
- Abbau kognitiver Leistungsfähigkeit
- Rückzug privat und auf beruflicher Ebene
Stufe 8: Beobachtbare Verhaltensänderungen
- Distanziert sich vermehrt
- kann keine klaren Urteile fällen
- Emotionale Reaktionen
Stufe 9: Depersonalisation, Zynismus
- Entfremdung und Gefühl des Abgestorbenseins
- Innere Leere
- automatisches Funktionieren
- psychosomatische Reaktionen
Stufe 10: Innere Leere
- Angst, Panikattacken
- Einsamkeit
- Kaufrausch, Fressattacken …
Stufe 11: Depression
- Anhaltende Niedergeschlagenheit
- Gefühle von Hoffnungslosigkeit und Traurigkeit
- Vermindertes Selbstwertgefühl
Stufe 12: Burnout-Syndrom
- Vollständige Erschöpfung
- Physische und emotionale Erschöpfung
- Arbeitsunfähigkeit
Das waren die 12 Stufen des Burnout-Modells von Herbert Freudenberger. Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jeder Betroffene alle Stufen durchläuft und dass der Verlauf individuell ist. Wenn du dich in einigen dieser Symptome wiedererkennst, ist es ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen und Strategien zur Bewältigung des Burnouts zu entwickeln.
Was kannst du tun?
Suche dir professionelle Unterstützung. Ein Gespräch mit einem Therapeuten oder Coach kann dir dabei helfen, deine Gedanken und Gefühle zu sortieren und Strategien zur Bewältigung von Burnout zu entwickeln. Zögere nicht, dir Hilfe zu suchen, denn du musst nicht alleine mit Burnout umgehen.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Selbstfürsorge. Nimm dir regelmäßig Zeit für dich selbst, um aufzutanken und dich zu entspannen. Das kann bedeuten, deinen Hobbys nachzugehen, Sport zu treiben oder einfach nur Zeit mit deinen Liebsten zu verbringen. Es ist auch wichtig, gesunde Gewohnheiten wie ausreichend Schlaf, eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung in deinen Alltag zu integrieren.
Abschließend möchte ich dich ermutigen, auf dich selbst zu achten und deine Bedürfnisse ernst zu nehmen. Burnout ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Hinweis darauf, dass du über deine Grenzen gegangen bist. Gib dir die Erlaubnis, Pausen einzulegen, dich zu regenerieren und auf dein Wohlbefinden zu achten. Du verdienst es, gesund und glücklich zu sein.
Das war es für heute! Ich hoffe, diese Informationen und Tipps haben dir geholfen, das Thema Burnout besser zu verstehen und Wege zur Prävention und Bewältigung zu finden. Vielen Dank fürs Lesen.